Amerikanische Schwertmuschel (Ensis directus)

EN: Atlantic razor clam NL: Amerikaanse zwaardschede DK: Amerikansk knivmusling
Kurzbeschreibung Leicht gebogene Schwertmuschel aus dem Watt
Teilsteckbriefe Reste Schwertmuschel/Scheidenmuschel
Schwertmuschel Sipho
Fundhäufigkeit 7 Fundmeldungen , Verbreitungskarte
Status
eingeschleppt
Herkunft
W-Atlantik (USA) Ursprünglich an der amerikanischen Ostküste von Labrador bis North Carolina heimisch. Vermutlich 1976 als Larve im Ballastwasser eines Schiffes in die Deutsche Bucht verschleppt. Von dort aus rasante Ausbreitung entlang der Wattenmeerküste und im Limfjord; bereits 1980 wurde die Art massenhaft an den Stränden Nordfrieslands angespült.
Größe und Alter
bis 17 cm lang, bis 5 Jahre alt Die Schwertmuschel wird maximal 5 Jahre alt und bis 17cm lang, in Amerika angeblich bis 25cm. In der Nordsee erreichen die Jungtiere im 1. Jahr 3-7cm Länge, nach dem 2. Jahr 9-13cm und am Ende des 3. Jahres bereits 12-15cm. Das Alter ist gut an den Jahresringen auf der Schale ablesbar.
Aussehen
Mantelbucht M, leicht gebogen Parallelseitige, schwach gebogene Muschel, 5 x so lang wie breit. Schalen weiß mit glänzend brauner Außenhaut (Periostracum), die Hälften durch ein sehr stabiles Schloßband (Ligament) verbunden. Von den drei anderen heimischen Schwertmuschelarten an der zugespitzten Mantelbucht (Schalenende, Innenseite) zu unterscheiden.
Lebensweise Die Schwertmuschel ist die temperamentvollste Muschel der Nordseeküste und kann mit ihrem kräftigen Fuß rasant graben und unter Wasser erstaunliche Sprünge vollführen. Trotz ihrer Beweglichkeit meidet sie Standorte, wo sie von Strömungen freigespült wird. Entgegen ersten Befürchtungen scheint auch diese eingeschleppte Art die heimischen Arten nicht verdrängt zu haben. Da die europäischen Schwertmuscheln in tieferem Wasser leben und ohnehin nur selten am Strand zu finden waren, ist es heute nahezu unmöglich, zwischen Millionen von Schalen der Amerikanischen Schwertmuschel eine Schale der anderen Arten zu entdecken. Sie kommen aber weiterhin vor, wie Untersuchungen im Tiefwasser zeigen. In kalten Wintern stirbt die Amerik. Schwertmuschel in den trocken fallenden Wattbereichen ab. Die Tiere kommen ebenso wie Herzmuscheln kurz vor dem Kältetod an die Oberfläche und werden dadurch plötzlich in ihrer tatsächlichen Besiedlungsdichte sichtbar.
Nahrung Schwertmuscheln filtrieren wie alle Muscheln Plankton. Sie sitzen mit dem Hinterende knapp unter der Bodenoberfläche und strudeln durch ihre beiden kurzen Siphone Wasser ein und aus.
Feinde Die dünnschaligen Jungmuscheln nahe der Bodenoberfläche werden von Räubern aller Art erbeutet. Tauchenten erbeuten die Muscheln systematisch, wobei nicht klar ist, wie genau dies abläuft. Trauerenten schlucken Schwertmuscheln bis 9cm Länge, Eiderenten bis 11cm. Sechs parasitische Saugwürmer des Wattenmeeres besiedeln auch die Schwertmuschel, die damit in Europa mehr Parasiten hat als in ihrer Heimat. Im trocken fallenden Watt hatten einzelne Austernfischer bereits 1983 gelernt, hoch aufgerichtet nach den Siphonen der Muschel Ausschau zu halten, hinzustürzen und sie aus dem Gang zu zerren. Wo in größerer Zahl Schwertmuscheschalen herumliegen, bei denen eine Hälfte in der Mitte zertrümmert ist, war vermutlich ein solcher spezialisierter Austernfischer am Werk. Oft versammeln sich im Frühjahr an Sandstränden große Möwenschwärme in der Brandung, wenn Tausende von sterbenden Schwertmuscheln angespült werden.
Fortpflanzung Die im Frühjahr aus mikroskopischen Schwimmlarven entstehenden Jungmuscheln lassen sich teilweise auch im Watt nieder. Sie wachsen extrem schnell heran und nehmen monatlich 3 - 5 mm an Länge zu. Nach 2 Jahren sind sie 11 cm lang, aber die Geschlechtsreife wird schon nach einem Jahr erreicht. Nach den deutlichen Wachstumsringen auf den Schalen zu schließen wird die Art bei uns nur 5 Jahre alt.
Jahreszyklus Nach der Laichzeit im März - April kommt es oft zu Massensterben der Schwertmuschel, möglicherweise durch totale Verausgabung beim Laichgeschäft
Nutzung
In Südeuropa begehrte Meeresfrucht, Fang zerstört Meeresboden 25cm tief, daher keine Fischerei im Wattenmeer Schwertmuschelfleisch ist teuer (10-40€/kg) und wird vor allem in Spanien und Italien gegessen. Während der Fang im Wattenmeer glücklicherweise rechtzeitig verboten werden konnte, gibt es westlich von Den Helder eine - leider sogar MSC-zertifizierte - Schwertmuschelfischerei mit 8000t Jahresfang. Beim Fang wird der Meeresboden durch Wasserdüsen gelockert und eine Bodenschicht von 25cm Dicke wird komplett durch ein Sieb von 11mm Maschenweite gedrückt. Dies ist eine der verheerendsten Fischereiform, die in der Nordsee angewendet wird.
Hätten Sie gedacht, dass...
... die deutsche Namensgebung bei den heimischen Schwertmuscheln völlig chaotisch ist? Ein Vorschlag zur Klärung: Echte S. (E. ensis), Gerade S. (E. siliqua), Mittlere Schwertmuschel (E. arcuatus), Kleine Scheidenmuschel (Phaxas pellucidus) und Schotenmuschel (Solen marginatus).
  • ... Schwertmuschelschalen Jahresringe zeigen?
  • ... einzelne Austernfischer es schon 1983 gelernt hatten, das neue Beutetier zu beschleichen und im Überraschungsangriff aus dem Boden zu stochern?
  • ... Kinder an der Mittelmeerküste die Muscheln fangen, indem sie vorsichtig einen Drahthaken in die Atemöffnung der Muschel stecken und ziehen, sobald sie die Schalen zugekniffen hat?
  • ... Schwertmuschelfleisch dort 40 €/kg kostet?
  • ... der gesamte Meersboden beim kommerziellen Schwertmuschelfang 40 cm tief umgepflügt wird?
  • ... es durch Intervention der Naturschutzverbände gelungen ist, die industrielle Befischung der Schwertmuschel in Schleswig-Holstein zu verhindern?
Steckbriefbild:
Amerikanische Schwertmuschel

Bildinformationen: Amerikanische Schwertmuschel

Autoren Rainer Borcherding
Lizenzbesitzer Schutzstation Wattenmeer
Lizenzhinweis Copyrighted Material; the copyright remains with the author (not this web publication)
Lizenz cc-by-sa 3.0
Weitere Bilder